"Ver-sehen als Chance"

Über den Blick und Malerei.
Mary-Noele Dupuis - 1990

 "Beweise, wie etwas durch einen kleinen Riss gesehen werden kann. Durch diesen 
kleinen Riss geht die Atmosphäre, sie ist belastet durch die Bilder der Objekte. 
Die Bilder der Objekte kreuzen sich in mehreren Richtungen zwischen den Rändern der 
Dicken, undurchsichtigen Risse. Deswegen, kann nichts immaterielles die Form und Farbe 
der Objekte bestimmen, weil ein dickes undurchsichtiges Instrument notwendig ist. 
Damit die Objekte, durch den Riss Form und Farbe verliehen bekommen". 
                                                          Da Vinci

Wenn Diderot den Blinden von Puisaux fragt, was er unter einem Spiegel versteht, antwortet 
der Blinde : EINE MASCHINE DIE DIE SACHEN IN RELIEF BRINGT, FERN VON SICH SELBST, WOBEI DIE 
SACHEN IN DIE RICHTIGE POSITION GESTELLET SIND IN VERHÄLTNIS ZU DER MASCHINE".
Für einen Blinden, war das nicht so schlecht gesehen...
Warum muss man den Weg über den Spiegel wählen, um zu verstehen was "Wahrheit" der Perspektive 
ist ?
Diderot sieht den Beweis, dass diese Wahrheit Imagination-Sache  ist, in der Tatsache, dass 
ein Blinder von Geburt an die Idee der Perspektive bilden kann.
Malen mit einem Spiegel - wie man es - zum Beispiel - für ein Selbstporträt macht - kann auch 
als Spiegel-Stadium der Malerei verstanden werden. Vielleicht ist das ein Bezug 
zudem "Wahren" aber mehr eine Konstruktion-Sache. Das Bild, das in dem Spiegelfeld 
erscheint, ist nicht der Abdruck - und auch nicht der Widerschein einer äußerlichen 
Realität. Die Sehfähigkeit ist nicht mehr der Hauptpunkt, um sich zu fragen was "Real" ist. 
Die Einschränkung der Untersuchung auf die Sehfähigkeit impliziert eine phänomenologische 
Reduktion. Bei dem Prozess des Sehens, das Reale und das Subjekt abstraieren sich. Das Auge 
kann nur einen Teil auffassen. 
DAS SCHAUT UND DAS ZEIGT:
Im Traum allerdings ist kein Beweis zu finden für den Rutsch des Subjektes zum Objekt.
Nur in der Distanz zwischen Subjekt und Objekt im Wachzustand subjektiviert sich das Objekt 
und objektiviert sich das Subjekt ohne sich ganz zu treffen.
In der Malerei, zeigt das Zeigen. Das Tableau ist auch eine Tür oder Fenster gebohrt in der 
Wand, durch die der Zuschauer nach außen sieht. Die Distanz zwischen dem Blickpunkt und dem 
Objekt ist anders als die Distanz zwischen dem Auge und dem Plan des Tableaus.
Dadurch - soll man von Malerei oder von Darstellung sprechen ?
IN der Bewegung des "zu wenig bis dem zu viel" des Blickes stabilisiert sich diese Bewegung zur 
Identifikation. Das ist das "Drama", was Lacan  beschreibt.
Wenn man in der Malerei, das Bild perspektivisch konstruiert, substituiert sich die Darstellung 
zum dem Realen und wird wahr.
Es gibt eine parallele zwischen dem Baby, das in dem Spiegel sieht und dem Spiegel-Stadiun 
der Malerei : bei dem Baby ist die Einheit zwischen ihm und seinem Bild noch nicht homogen; 
im Unterschied dazu es gibt keine Möglichkeit der Reflexion der Malerei in dem Spiegel.
Der Sehkraftpunkt und der Fluchtpunkt (point de vue et point de fuite) haben ihre gemeinsame 
Bindung am Kreuzungpunkt der Senkrechten geführt von dem Auge bis zum Tableau und dem Plan 
wo das Tableau ist. 
Leonardo da Vinci sagt, dass man nicht das Subjekt reduzieren kann auf das Auge und das Auge 
zu einen Punkt.
Für Freud, "die Beziehungen von dem Ich zu dem Wahrnehmung-System konstituieren seine Essenz", 
weil "das Ich ist vor allem ein körperliches Ich ; es ist nicht nur ein oberflächliches Sein, 
sondern selber die Projektion einer Oberfläche".
Das Ich - als mentale Projektion der körperliche Oberfläche - ist parallele zu der Oberfläche 
des mentalen Apparat.
Für da Vinci, da ist das Bild im Spiegel nur der, der schaut, ohne dass er seinen eigenen 
Widerschein darin entdecken kann.
Lichtenberg - der Andy Warhol fotografiert hat - stellt die Frage : 
"Wie man sich im Spiegel sehen kann mit geschlossenen Augen ?" Wie kann man in einem Spiegel 
schauen, eingefangen  in dem Spiegelfeld  ohne sich zu sehen ?
Man kann sich nur sehen durch die Welt der Wahrnehmung (a-percevoir) der Per-spektive (Latein: 
perspicere: apercevoir), der Durchsehung (Dürer), des Sehens durch. Und Andy Warhol der zu 
uns sagt, dass er mit vor das Gesicht gehaltenen Händen nicht durch die Finger gucken kann...
Und was ist sehen, wenn das was ist zu sehen zu mir schaut ? ("Sardinen-Dose" von Lacan).
Kann ein Tableau gesehen werden in dem Sinne des Wortes sehen ?
Nur, dass wenn der Blick und die Malerei sich elisieren, kann das Subjekt in der Position eines 
Zeugen isch begibt und das Tableau eingefangen werden als das "Wahre".
Das Subjekt glaubt sich in dem Tableau zu finden ALS OB ES DORT WÄRE.
Da Vinci sagt : "Nichts kann nur durch einen kleinen Riss gesehen werden. Und die Trennung, die 
man zwischen dem Auge und dem Blick herstellt wird unscharf : man ist gezwungen durch diesen 
kleinen Riss zu sehen das Gesehene - wie das Bild, das der Spiegel zurückwirft. Das Subjekt 
des Experimentes ist auf die Frage des Voyeurs reduziert ; aber Voyeur der selbst gesehen wird 
und zwar - VON DEM ORT SELBST VON DEM AUS ER SIEHT. 
Das Bild, das der Spiegel ihm zurückwirft, ist NICHT SEINES. Aber das Bild von der Malerei wird 
undurchsichtig durch einen Schirm und trennt dadurch seinen Körper. Die Trennung bewirkt einen 
Substitution seines Körpers von dem das Auge den Widerschein einfängt.
Das Auge im Spiegel sieht sich nicht als Sehender und auch was er sieht, sieht er nicht als Sehender. 
Es gibt jemand der sieht und den er nicht sehen kann. Was er sieht, ist ein Loch, das einen 
Fleck in das Zentrum des Bildes macht. Das Subjekt ist aufgefangen von dem Tableau.
Darüber wird Brunelleschi (1420 - Maler) sagen : "In dem Tableau kann man nur das Abwesendes 
notieren - im Gegensatz zu der Wahrnehmung. In jedem Tableau kann nur das Abwesende - durch ein 
Loch - ersetzt werden. Loch als Widerschein der Pupille, hinter der der Blick ist  -folglich und 
wenn das Tableau in eine Beziehung zu Begehren kommt, so ist der Platz des zentral Schirmes 
immer markiert. Da ist der Grund dafür, dass ich als Subjekt des Geometral Planes elidiert bin.
Der Zuschauer erkennt in sich identifizierende den Maler als Subjekt das sich begibt in der 
Position eines Zeugen und wiederholt das Wirken des Tableau.
Er wird selbst Produzent und Konsument. Ich und Du.
Die Erfindung von Manetti bestand darin in das Tableau ein Loch zu bohren, um zu beweisen, 
dass die Fluchtpunkte durch die Projektion mit den Sehkraftpunkten korrespondieren. 
Mit seiner Entdeckung zeigt er, dass diese zwei Punkte den Wert eines Horizontes bestimmen. 
Auf dem Horizont -  bezogen auf die Höhe der Augen ausgerichtet - befinden sich die Köpfe der 
Figuren mit der einzigen Bedingung, dass sie auf dem selben Level wie der Beobachter sich  
situieren. Dieser Beweis führt dazu, in welcher Distanz der Spiegel zu dem 
Tableau aufgestellt werden muss. Man hat den Eindruck, dass die Vision sich am 
Zentrum des Sichtbaren bildet. Ist trotzdem nicht möglich, dass wir mit 
ihm verschmelzen und auch es ist nicht möglich, dass er sich mit uns verschmilzt. 
UNDURCHSICHTIGKEIT.
Wenn es eine Verschmelzung gäbe, dann würde die Vision vergehen im Moment der Handlung. 
Die Vision und das Sichtbare sind keine identischen Sachen, die sich dem Sehenden geben 
und es gibt auch keinen Seher, der zu erst leer wäre, dann sich öffnen würde zu 
den Sachen. Aber wir können nicht noch näher an die Sachen heran gehen, weil 
der Blick die Sachen umhüllt. Das ist was Merleau-Ponty "das Fleisch der Welt" 
nennt. Der Blick verändert nicht die Lage der Sachen. 
Im Verhüllen der Sachen durch den Blick, enthüllen sich die Sachen selbst. Der Blick ist 
eingefangen. Als wenn die Harmonie schon vorher eingerichtet wäre, wie wenn der 
Blick alles wusste, bevor er es weiß. VORBESITZ DES SICHTBAREN.
Wie zwei Systeme, die sich eins auf das andere anwendet, wie zwei Hälften Orangen.
Die Distanz ist nicht das Gegenteil der Nähe, sondern sein Synonym. Das ist auch kein Hindernis 
zwischen Blick und der Sache. Das ist ihr Kommunikations-Mittel. 
Im Zentrum des Sichtbaren und fern des Sichtbaren.
ABSTAND DES DRAUßEN UND DES DRINNEN :
Unserer Körper befiehlt für uns das Sichtbare, aber erklärt es nicht. Zwei Seiten des Körpers: 
objektiver Körper und phänomenale Körper. Abgrund, der trennt das "in sich" von dem "für sich".
Der Körper sieht die Welt ohne "von sich weg zu gehen". Aber weg gehen IN sich. 
Die Welt enthüllt nicht meinen Körper und mein Körper enthüllt nicht die Welt. 
Das ist eine gegenseitige Einfügung durch die Vision.
Doppelte Zusammengehörigkeit Objekt/Subjekt.
"Fleisch, das ist weder Materie,  noch Geist, noch Substanz. Fleisch ist ein Element wie Wasser, 
Erde, Feuer. FLEISCH ALS ELEMENT DES SEINS" - Merleau-Ponty.
Der Betrachter erreicht kein Objekt. Das Objekt erreicht kein Subjekt.
"FUNDAMENTALES WIEDERKENNEN UND VERKENNEN" als Bedingung des FUNKTIONNIERENS INNENWELT-UMWELT. 
Und das Auge hat nur seine Unmöglichkeit zu schauen, zu zeigen.
BLINDES AUGE. Auge das ist nur das Zeugnis seiner Abwesenheit. Seine Inexistenz zeigen durch seine 
Existenz - als EINZIGE Chance. Es hält seine Konsistenz durch Entwendung zu sich selbst - durch sein 
Loch. Loch, das nur seine Blindheit zeigt. 
TÄUSCHUNG - zwischen dem Auge und dem Tableau - kann nur eine veränkte Beziehung sein. Ein Wahn. 
Eine Fiktion. Eine Simulation.
Das ist Mimikry, Doppelgänger-Effekt - durch die Reflexion von einem zu dem anderen, aber sich 
entlaufend A PRIORI  in dieser Räumlichkeit des Blickes.
Das Tableau frisst das Auge. Das Auge macht einen Fleck in dem Tableau.
Wahre Körper und zerstückelte Körper - wie in den Hieronymus Bosch Bildern.
Irrgarten der Visionen.
Und die Kunst ist dieses Loch ohne Ränder zu füllen.
Mangel.
Kastration.

Und auch "geben was man nicht hat".
Ver-sehen als Chance.